Deutschland: Massiver Protest gegen die Provokationen einer Nazi-Partei

 

Ein Bericht der RCIT-DE vom 20. Juli 2019 in Kassel, www.diekommunisten.net

 

 

 

Über 10.000 Menschen stellten sich in Kassel gegen einen Aufmarsch der faschistischen Partei die „Rechte“. Diese wollte am 20.Juli in der Kasseler Innenstadt; auch vor dem Arbeitsplatz des durch einen Neonazi ermordeten Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke demonstrieren. Es war dies die zahlenmäßig größte Demonstration gegen Faschisten seit dem 2. Weltkrieg in der nordhessischen 200,000-Einwohner-Stadt. [1]

 

Ein sehr breites Bündnis hatte mobilisiert: Von der SPD, Linken, Gewerkschaften, Grüne, ASTA Uni Kassel bis hin zu DKP, MLPD, SAV und GAM/Revo, Vom Mieterbund sowie diverse Jugendorganisationen, Seebrücke, Fridays for Future bis zu Glaubensgemeinschaften aller Art. Weiterhin kurdische und türkische Organisationen. Auch einige CDUler nahmen teil. Zum Schluss waren es über 150 unterstützende Organisationen. Die Kasseler AfD hat sich nicht vom Aufmarsch der Neonazis distanziert.

 

Die RCIT-DE hat zur Demo aufgerufen, aber nicht den Aufruf inhaltlich geteilt. [2]

 

Am 20.7. kamen auch viele derer, die in und um Kassel verantwortlich waren für die „Willkommenskultur“, für die Betreuung von Flüchtlingen und Asylsuchenden. Nachdem Verwaltungsgerichte zweimal eine Verbotsverfügung der Stadt Kassel abgelehnt hatten, wurde am Freitag der Aufmarsch der Rechten schließlich in die Kasseler Unterneustadt verlegt. Dieser Stadtteil ist nur über zwei Strassenbrücken sowie zwei schmale Fußgängerbrücken erreichbar. Zudem sollte der Aufmarsch früher als geplant stattfinden. Die Demoroute der Nazis war etwa 800 Meter lang.

 

Die TeilnehmerInnen der antifaschistischen Demo trafen sich wie geplant am Hauptbahnhof und zogen dann in mehreren Demoblöcken in Richtung Unterneustadt, wurden dort aber von einem massiven Polizeiaufgebot aufgehalten. Immerhin kamen die Demozüge bis nahe an die Route der „Rechten“.

 

Die Neonazis hatten große Probleme, ihre Anhänger zum Ort des Aufmarschs zu bringen. Statt der vor zwei Wochen angekündigten 400 kamen nur um die sechzig mit einem Reisebus durch, weitere 40-50 saßen am Bahnhof fest und trauten sich nicht, die 2 Kilometer bis in die Unterneustadt zu laufen. Sie wurden nach über 2 Stunden schließlich von einem Bus der örtlichen Verkehrsgesellschaft zum Unterneustädter Kirchplatz gebracht, wo bis dahin der Demo-Anmelder, Alt-Neonazi Christian Worch klagende Reden hielt über die Verfolgung von rechten Aktivisten nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Für Worch war es auch deprimierend, dass sich nur sehr wenige Mitglieder anderer Nazi-Organisationen seiner „nationalen Initiative“ angeschlossen hatten.

 

Mit über zwei Stunden Verspätung begann nun unter dem Schutz von 2000 Polizisten der Kurzmarsch der Neonazis. Einmal um den Block. An einigen Stellen erwartete sie lauter Protest, es kam zu einigen Rangeleien zwischen antifaschistischen Demo-Teilnehmern und der Polizei, nachdem eine Flasche in Richtung der Rechten geflogen war. Insgesamt gab es 31 „Ingewahrsamnahmen“, darunter von drei Rechten am Hauptbahnhof.

 

Verhindert werden konnte der Marsch der Rechten nicht. Aber der Druck war groß genug, die „Rechte“ aus der Innenstadt zu verbannen.

 

 

 

Polizeiaufmarsch und Absperrung der Innenstadt, der Unterneustadt und Einstellung des Öffentlichen Nahverkehrs

 

 

 

Was noch zu berichten bleibt: die Kasseler Innenstadt war für den Straßenverkehr gesperrt, auch Busse und Bahnen blieben in den Depots. Das Unterneustädter Viertel war fast den ganzen Tag gesperrt, auch für viele Anwohner, die nicht in Ihre Wohnungen kamen. Es war eine Machtdemonstration der „Kollegen von der Polizei“ (wie sie von den beiden Sprechern der Linken und der VVN immer wieder fürsorglich genannt wurden)

 

So berichtet ein regionaler Fernsehsender:„Dass die Bahnen in der Innenstadt nicht fahren, hat technische Gründe. Sollten Wasserwerfer zum Einsatz kommen, müssten die Oberleitungen vom Netz sein, erläuterte ein Sprecher der Stadt. Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe stünden jedoch bereit, um den Betrieb zeitnah wieder aufzunehmen…... Zudem ist mit Straßensperrungen zu rechnen. Die Polizei rät allen, die nicht direkt in die Innenstadt wollen, den Bereich weiträumig zu umfahren. Auch Demonstrationsteilnehmer müssen sich bei der Anfahrt auf Behinderungen einstellen.“ [3]

 

 

 

„Antideutsche“ versuchen zu spalten

 

 

 

Die HNA( Lokalzeitung) schrieb nach einem Kurzbericht über die „Omas gegen rechts“ am 20.7. :„Insofern steht die Initiative („Omas gegen Rechts“) stellvertretend für das breite Bündnis gegen Rechts, das mittlerweile knapp 150 Unterstützer umfasst und für heute Versammlungen an mehr als 20 Orten angemeldet hat. Darunter sind nicht nur Verbände und Vereine aus der Mitte der Gesellschaft, sondern auch Linksextremisten wie die MLPD, die Sozialistische Alternative und die Gruppe Arbeitermacht. Kritiker fragen darum bei Facebook, ob es eine gute Idee sei, „mit Antisemiten und Terrorunterstützern“ auf die Straße zu gehen. Die trotzkistische Gruppe Arbeitermacht etwa ist laut Verfassungsschutz „selbst innerhalb des Linksextremismus isoliert“. Ihr Ziel sei die Weltrevolution.“

 

Es liegt nahe, dass dies vom „Bündnis gegen Antisemitismus“ dem HNA-Redakteur gesteckt wurde, der dann den Spaltpilz gegen das antifaschistische Bündnis gegen Rechts setzen will. Die Formulierung „mit Antisemiten und Terrorunterstützern“ legt die Annahme nahe dass hinter den „Kritikern“ die „Antideutschen“ stecken.

 

Auf der Homepage des „Bündnis gegen Antisemitismus“ wird unverhohlen gegen linke Gruppen gehetzt. „Diese auch in Kassel tätigen Aktivisten dieser antisemitischen Gruppen, die die Zahl Kasseler Nazis übertreffen dürfte, werden nicht etwa von Kundgebungen verjagt, denen es angeblich um das Klima, gegen Rechts, um Frauenrechte oder Bildung geht, zuletzt durften sie ungestört auf der 1. Mai-Kundgebung mitmarschieren. Wie immer marschierten ihre Anhänger zusammen mit ihren palästinensischen Bündnispartnern auch beim Ostermarsch in Kassel mit.“ [4]

 

Andernorts sind die „Antideutschen“ schon zur offenen Denunziation übergegangen, so kürzlich in Berlin gegen eine maoistische Jugendorganisation. Ihre Positionen nähern sich immer mehr den Positionen der AfD und anderer rechter Gruppen an.[5]

 

 

 

Die Erfahrungen auswerten und die aktuelle Entwicklung analysieren.

 

 

 

Die RCIT-DE hat bei der Vorbereitung und während der Großdemo wertvolle Erfahrungen gesammelt, bestehende Kontakte gefestigt und neue gewonnen. Wir werden uns mit der politischen Entwicklung in Kassel und in Deutschland insgesamt in einem weiteren Artikel beschäftigen sowie die Erfahrungen des antifaschistischen Widerstands in Kassel auswerten. Siehe dazu unsere früheren Artikel. [6]

 

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Weiteres Informationsmaterial siehe Fußnote 7 [7]

 

 

 



[7] Weitere Informationen in den folgenden Videos: Demo Kassel Hafenstraße https://www.youtube.com/watch?v=Ic48oGZUCKo; Kassel gegen Nazis! 20.7.2019 https://www.youtube.com/watch?v=Ta1oYVGlwjo