Hongkong/China: Lang leben die Anti-Regierungsproteste!

Für einen Generalstreik gegen die Polizeirepression und für demokratische Rechte! Nieder mit der reaktionären Diktatur der CCP!

Stellungnahme der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz (RCIT), 2.10.2014, www.thecommunists.net

 

1.            Hongkong wird derzeit von Massenprotesten gegen die geplanten Reformen für die kommenden Wahlen 2017 erschüttert. Der zentrale Ausschuss des Nationalen Volkskongresses verkündete am 31.August, dass während der Regierungschef Hongkongs durch Volksabstimmung gewählt wird, nicht mehr als drei Kandidaten aufgestellt werden können, die vorab von einem 1200 Personen umfassenden Komitee bestätigt werden müssen, die allesamt Peking-loyal sind. Der Definition nach sollen dabei nur Kandidaten aufgestellt werden können, „die das Land und Hongkong lieben“ (sprich die Herrschenden in Peking „lieben“). Die Polizei griff wiederholt Proteste, die von StudentInnen organisiert wurden, brutal mit Tränengas an. Das provozierte eine massenhafte Solidarität seitens der Bevölkerung mit den AktivistInnen – Gewerkschaften eingeschlossen, die sogar zu Solidaritätsstreiks aufriefen – und fand seinen vorläufigen Höhepunkt in der Forderung nach dem Rücktritt von Leung Chun Ying, dem Peking-loyalen Bürgermeister Hongkongs. SozialistInnen in Hongkong und überall auf der Welt müssen diese demokratischen Proteste unterstützen. Die Hauptaufgabe ist es, diese Proteste in einen Generalstreik zu führen und den Kampf gegen das stalinistisch-kapitalistische Regime auf das Festland auszuweiten.

2.            Hongkong ist eine ehemalige britische Kolonie, die sich mit China am 1.Juli 1997 wiedervereinigte. Seitdem die herrschende „Kommunistische“ Partei Chinas die Wiedereinführung des Kapitalismus in China in den frühen 1990er Jahren anging, funktionieren sowohl die Wirtschaft Hongkongs als auch die des chinesischen Festlandes auf dieselbe Art und Weise – Ausbeutung der ArbeiterInnen im Dienste der kleinen Schicht von Kapitalisten. Hongkong ist als eine der reichsten Städte der Welt bekannt, deren Reichtum allerding in der Hand einer kleinen Gruppe an Superreichen wie Li Ka-Shing konzentriert ist. Gleichzeitig leben die Massen der ArbeiterInnen in absoluter Armut. Eine der Vereinbarungen zwischen Peking und London besagen, dass Hongkong eine Sonderverwaltungszone ist, die somit etliche Elemente des alten politischen und rechtlichen Systems behalten durfte. (Diese Vereinbarung ist auch unter dem Begriff „Ein Land, Zwei Systeme“ bekannt geworden). Hongkong hat somit eine eingeschränkte bürgerliche Demokratie, bei der von 70 Mitgliedern des Legislativrates gerademal 40 Mitglieder durch das Volk gewählt werden. (Der Rest wird „gewählt“ durch sogenannte “Funktionswahlkreise”, die sich aus einer eingeschränkten Zahl von Berufen zusammensetzt.) Nichtsdestotrotz bedeutet es, dass die arbeitende Bevölkerung in Hongkong verhältnismäßig mehr demokratische Rechte hat um ihre Meinung und auch Protest auszudrücken, als es ihre Landsleute im Festland Chinas haben. Gleichzeitig ist aber das stalinistisch-kapitalistische Regime mit Xi Jinping an der Spitze bestrebt, auch in Zukunft ausschließlich Peking-loyale Bürgermeister in Hongkong an die Macht zu setzen. Dementsprechend ist das Regime nicht bereit den Forderungen der Proteste nach wirklich demokratischen Wahlen entgegenzukommen.

3.            Die Protestbewegung wurde von StudentInnen und SchülerInnen initiiert – geführt von der Föderation der SchülerInnen und StudentInnen Hongkongs (HFKS) – die seit dem 22.September Demonstrationen und Streiks organisieren. Die Proteste erfuhren seit dem gewalttätigen Einsatz der Polizei gegen die AktivistInnen am 26.September breite Unterstützung in der Öffentlichkeit. Am 28.September sprach sich der „Verband der Gewerkschaften Hongkongs (HKCTU)“ – wenn es sich auch nur um einen kleine Gewerkschaftsverband handelt – sogar für einen „Generalstreik“ aus. Die Forderungen der HKCTU wiederspiegeln dabei die Forderungen der Massen: „i) Die Polizei muss alle festgenommenen AktivistInnen umgehend aus der Haft entlassen. Sämtliche Menschenrechte müssen für die verhafteten AktivistInnen für die gesamte Dauer der Festnahme gewährleistet werden; ii) Die Regierung und die Polizei sollen umgehend die Unterdrückung der friedlichen, öffentlichen Versammlungen einstellen und sich beim Volk für ihr Vorgehen entschuldigen; iii) Der Nationale Volkskongress muss das „pseudo-allgemeine Wahlrecht“ zurücknehmen. Die Regierung Hon Kongs muss stattdessen tatsächliche politisch-demokratische Reformen anstreben. Die ArbeiterInnen haben ein faires Wahlsystem gefordert, um das langjährige Problem der im Unternehmerinteresse geführten Regierung endlich beseitigen zu können. Nichtsdestotrotz ist das von der NPC präsentierte Konzept zum „pseudo-allgemeine Wahlrecht“ in erster Linie „Alter Wein in neuen Schläuchen“; iv) Regierungschef Leung Chun Ying muss als Konsequenz der gewalttätigen Unterdrückung der Proteste zurücktreten.“ Trotz der relativen Kleinheit des Gewerkschaftsverbandes folgten etliche Berufsgruppen dieser Forderung zum Generalstreik (u.a.: WasserwerkarbeiterInnen, BusfahrerInnen, einige Bankangestellte, ArbeiterInnen der Coca Cola Fabrik in Sha Tin, LehrerInnen, UniversitätsprofessorInnen). Am 29.September demonstrierten 180.000 Menschen (in einer sieben Millionen Stadt!) gegen die Repression!

4.            Das stalinistisch-kapitalistische Regime in Peking ist bestrebt die Proteste zu zerschlagen. Die Angst ist groß, dass die Proteste für mehr Demokratie auch auf das Festland Chinas überschlagen könnten. Das Regime versucht die Ausweitung der Proteste dadurch zu verhindern, dass es eine massive Zensur der öffentlichen Berichterstattung, allen voran bei den Nachrichtensendungen und der Sozialen Medien, vornimmt. In den vergangenen Jahren gab es im Festland eine Zunahme an Protesten der ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen. Das Regime unterdrückt brutal die zunehmenden Unruhen der nationalen Minderheiten, der Uiguren und der Tibeter (siehe auch die lebenslange Haft für den eigentlichen gemäßigten Professor und Uiguren Ilham Tohti). Hinzukommt der gegenwärtige Fraktionskampf der Gruppe um Xi gegen die sogenannte „Shanghai-Gang“ (ehemaliger Präsident Jiang Zemin und seine Unterstützer) und gegen die Gruppe um den ehemaligen Präsidenten Hu Jianto. Die Position von Xi könnte somit sehr leicht gefährdet werden, wenn er auch nur irgendeine Nachgiebigkeit gegenüber der Protestbewegung zeigt und diese nicht mit allen Mitteln unterdrückt.

5.            Die Protestbewegung sieht sich – in ihrem Kampf gegen den Bürgermeister Leung Chun Ying und gegen das Regime in Peking – Hindernissen in ihren eigenen Reihen gegenüber. In ihren Reihen finden sich nämlich bürgerlich-liberale Politiker des sogenannten „Pan-Demokratischen Lagers“, das die Protestbewegung nur für ihre eigenen Zwecke missbrauchen will, vorrangig um in eine gestärkte Verhandlungsposition gegenüber Peking zu kommen wie sie es schon in den vergangenen Jahren anstrebten. In diesen Reihen finden sich auch Mittelschichts-Intellektuelle wie Benny Tai, ein Jusprofessor, der als einer der Führer der „Occupy Central“-Bewegung gilt. Sie ignorierten die StudentInnenbewegung, als diese Proteste im September organisierte und hoffen jetzt die Führung für sich beanspruchen zu können, nachdem diese Bewegung solch großen Erfolge erzielte. SozialistInnen müssen sich dafür einsetzen, den Einfluss solcher kleinbürgerlichen und bürgerlichen Kräfte zurückzudrängen und die Protestbewegung für eine proletarische Orientierung zu gewinnen. In diesem Sinne müssen sich SozialistInnen für demokratische Massenversammlungen aussprechen, in denen Forderungen und Taktiken besprochen und entschieden werden können, und in denen gegen die selbsternannten kleinbürgerlichen AnführerInnen offen gekämpft werden kann. Die ArbeiterInnen, SchülerInnen und StudentInnen müssen sich Aktionskomitees schaffen, um die Protestbewegung selbstbestimmt zu organisieren. Auf der Basis der demokratischen Wahl von VertreterInnen solcher Aktionskomitees, kann eine demokratisch kontrollierbare Koordination und Führung der gesamten Bewegung geschaffen werden. Solche Aktionskomitees können darüberhinaus die Basis für Selbstverteidigungseinheiten werden, um sich systematisch gegen die anwachsende Polizeigewalt, die ein Niederschlagen der Protestbewegung plant, wehren zu können.

6.            Die Hauptaufgabe besteht nun darin, den Widerstand der ArbeiterInnen, SchülerInnen und StudentInnen zu einem unbefristeten Generalstreik in Hongkong auszuweiten, mit dem Ziel den Bürgermeister Leung Chun Ying zu stürzen und das Regime zu zwingen, das sofortige und uneingeschränkte allgemeine Wahlrecht zu akzeptieren. SozialistInnen müssen ebenso die Enteignung der Superreichen, die das mächtige Rückgrat des Regimes darstellen, fordern.

7.            Trotz allem kann es nicht das Ziel sein, den Kampf auf die Halbinsel zu beschränken. Mindestens genauso wichtig ist es nämlich, den Kampf für Demokratie nicht nur in Hongkong, sondern im gesamten China zu führen. Die Vereinigung des Kampfes der ArbeiterInnen und SchülerInnen/StudentInnen Hongkongs, zusammen mit dem Kampf ihrer Brüder und Schwestern in Peking, Shanghai, Ost-Turkmenistan und Tibet ist entscheidend für den Sieg des Kampfes um wirkliche Demokratie. Dies ist unerläßlich, da das Regime in Peking einen mächtigen Repressionsapparat unter sich hat, welches schnell und leicht mobilisiert werden kann um die Bewegung in Hongkong komplett zu zerschlagen. Hua Chunying, der Außenminister Chinas, verkündete kürzlich im Zuge eines Nachrichteninterviews: „Hongkong ist Chinas Hongkong.“, um Pekings Kontrolle über die Halbinsel deutlich zu machen. SozialistInnen werden erfreut bestätigen, dass Hongkong nicht mehr im Besitz des britischen Imperialismus steht, aber sie werden kämpferisch ebenso hinzufügen: „China wird das China der ArbeiterInnen und unterdrückten Völker werden!“

8.            Darüberhinaus müssen SozialistInnen auch deswegen für die Ausweitung des revolutionär-demokratischen Kampfes auf das Festland entschlossen eintreten, weil rückschrittliche, lokalbonierte Einstellungen in der Mittelschicht Hongkongs sehr weit verbreitet sind. Diese lokalbonierten Einstellungen sind durch die 155 Jahr andauernde britische Kolonialpolitik genährt worden. Diese kombinierten sich mit anti-kommunistischen Elementen, die nach der unter Führung der stalinistischen Partei stehenden sozialen Revolution nach 1949 deutlich zugenommen hatten.

9.            SozialistInnen müssen sich für die Schaffung einer unabhängigen ArbeiterInnenpartei einsetzen. Eine solche Partei muss den Kampf für demokratische Rechte mit dem Kampf gegen soziale Ungerechtigkeiten verbinden. Soziale Ungleichheit und Diktatur ist von ein und denselben Menschen verursacht: Der herrschenden Kapitalistenklasse und ihrer „kommunistischen“ Diktatur. Eine solche Partei muss sich auch für die Enteignung der Großkapitalisten einsetzen, inklusive der zahlreichen Prinzlinge. Sie muss die Verstaatlichung aller heimischen und ausländischen Banken und Konzerne unter ArbeiterInnenkontrolle anstreben. Ebenso muss sie das Banner der permanenten Revolution hochhalten, sprich die Verschmelzung der demokratischen mit der sozialistischen Revolution, die den bewaffneten Aufstand der ArbeiterInnen und armen Bauern/Bäuerinnen zum Sturz des Kapitalismus und der Schaffung einer ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen Republik bedeutet.

10.          RevolutionärInnen in Hongkong wie im gesamten China müssen sich zusammen schließen, um eine wirklich marxistische Organisation auf der Basis des Programms für eine permanente Revolution zu schaffen. Verbindet eine solche Perspektive mit der Teilnahme am Kampf für den Aufbau einer Weltpartei der sozialistischen Revolution! Eine solche Weltpartei wird unserer Meinung nach die Fünfte ArbeiterInnen-Internationale sein.

* Sofortige Freilassung aller Gefangenen! Sturz des Regierungschefs Leung Chun Ying!

* Es ist Sache des Volkes und nicht einiger ausgewählter Bürokraten zu entscheiden, welche Kandidaten wirklich „China und Hongkong lieben“ und welche nicht. Für demokratische Wahlen ohne jegliche Einschränkungen der Kandidaturmöglichkeiten!

* Für demokratische Massenversammlungen und Aktionskomitees, um die Protestbewegung demokratisch zu organisieren! Für die Schaffung von Selbstverteidigungseinheiten, um gegen die Polizeikräfte vorgehen zu können!

* Für einen unbefristeten Generalstreik in Hongkong!

* Für demokratische Rechte in ganz China! Gegen jede Einschränkung des Rechtes auf Demonstrationen, Streiks, der Organisierung in Parteien und Gewerkschaften sowie gegen jede Einschränkung der Pressefreiheit!

* Für eine massive Erhöhung der Löhne! Volle Staatsbürgerrechte für alle „MigrantInnen“, egal wo sie leben!

* Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes der Uiguren und der Tibeter!

* Enteignung der Großunternehmer und Verstaatlichung der Banken! Stellt alle großen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen unter ArbeiterInnenkontrolle!

* Nieder mit der reaktionären CCP Diktatur!

* Für eine Regierung der ArbeiterInnen und armen Bauern/Bäuerinnen auf Grundlage von Räten und bewaffneten Volksmilizen!

 

Internationales Sekretariat der RCIT