Solidarität mit den Migranten aus Venezuela!

 

Erklärung der Corrente Comunista Revolucionária (Sektion der RCIT in Brasilien), 21. August 2018, www.elmundosocialista.blogspot.com

 

 

 

Fast könnten die Fotos mit jenen verwechselt werden, die zu den Berichten über Migranten aus Nordafrika veröffentlicht werden, die von rechten Gruppierungen an den geschlossenen Grenzen zu Eruopa belästigt werden. Die Gewalttaten und Aggressionen gegen einzelne Flüchtlinge und deren Familien ereigneten sich jedoch in Pacaraima, einer Stadt des Bundesstaates Roraima, die etwa 12.000 Einwohner zählt und sich an der Nordgrenze zwischen Venezuela und Brasilien befindet. Am Samstag (18.August) wurden Flüchtlinge aus Venezuela, die wegen der politischen und wirtschaftlichen Krise das Land verließen, von wütenden Nachbarn in dieser kleinen Stadt im Norden Brasiliens mehrfach angegriffen.

 

Am Samstagmorgen wurde ein brasilianischer Händler verletzt und seine Familie beschuldigte einen venezolanischen Migranten, ihn angegriffen und bestohlen zu haben. Ungefähr tausend MigrantInnen lebten bis dahin vor Ort. Als „Vergeltungsmaßnahme“ griffen dutzende Brasilianer die beiden großen provisorischen Flüchtlingslager an und verbrannten alle Habseligkeiten der geflüchteten Menschen. So berichtete es die Task Force, die mit der Verwaltung der Flüchtlingsströme betraut wurde. Bilder von lokalen Fernsehstationen, die auch von internationalen Agenturen veröffentlicht wurden, zeigen Teile der verbrannten Lager.

 

Die Videos, die von den Einwohnern von Pacaraima gemacht wurden sind Zeugnisse der Zusammenstöße; ebenso die Straßen voller Trümmer an der Grenze. „Es ist schrecklich, sie verbrannten die Zelte und alles was sich darin befand“, berichtete Carol Marcano, eine Venezolanerin, die in der regionalen Hauptstadt Boa Vista arbeitet und an diesem Tag bei der Grenze war.

 

In einer Erklärung forderte die venezolanische Regierung die brasilianische Regierung auf, „alle Maßnahmen des Schutzes und der Sicherheit“ in Bezug auf die geflüchteten, venezolanischen Bürger zu ergreifen. Zur gleichen Zeit bat die Gouverneurin des Staates Roraima, Suely Campos, die Bundeshauptstadt Brasilia um Verstärkung der Sicherheitskräfte, um „mit der Zunahme der Kriminalität umzugehen“, die sie der wachsenden Zahl von Venezolanern in der Region zuschreibt. Das brasilianische Ministerium für öffentliche Sicherheit sagte, es werde ein Kontingent von 120 Männern entsenden, die am nächsten Montag eintreffen und sich den Sicherheitsteams anschließen werden, die bereits in der Region anwesend sind.

 

Die Tradition des brasilianischen Volkes gegenüber Einwanderern

 

Man darf nie vergessen, dass diese Migranten, die unsere Nachbarn in Südamerika und Zentralamerika sind, wie auch die Haitianer einer extremen Ausbeutung ausgesetzt waren. Wir können sagen, dass sie als Sklaven oder Halbsklaven behandelt werden. Dies ist auch der Fall mit der bolivianischen Textilindustrie in São Paulo oder der Haitianer in der Bauindustrie in mehreren brasilianischen Städten. Denken wir daran, dass auch brasilianische Migranten immer noch auf Flughäfen in Europa und den Vereinigten Staaten abgefangen werden und damit die gleiche abscheuliche Diskriminierung von Fremdenfeindlichkeit erleiden, die unser Land jetzt so schändlich der Welt gegenüber zeigt.

 

Brasilien hat sich unter anderem auch darin unterschieden, dass es eine schon lang bestehende Tradition der Willkommenskultur gegenüber Migranten hatte. Faktisch sind fast alle in Brasilien mit Ausnahme der einheimischen Indigenen und der Schwarzen, die als Sklaven unterjocht wurden, direkte Nachkommen von Migranten.

 

Was hat sich in den letzten 3 Jahren verändert?

 

Was hat sich geändert, so dass ein Teil der brasilianischen Bevölkerung die gleichen diskriminierenden, reaktionären und fremdenfeindlichen Praktiken annahm? Die Antwort ist der parlamentarische Staatsstreich im Jahr 2016, der die gewählte Präsidentin Rousseff stürzte und ein äußerst reaktionäres, konservatives Ausnahme-Regime einrichtete, das die ArbeiterInnen und arme Bauern attackiert. Die Kürzung im Sozialsystem und die steigende Arbeitslosigkeit durch sogenannte Strukturreformen (Renten, Arbeit, Bildung, Privatisierung usw.) führen zu einer Verarmung der Bevölkerung auf dem Niveau von vor 100 Jahren.

 

In diesem Zusammenhang fehlt es an einer offiziellen staatlichen Sozialpolitik gegenüber den verschiedenen Einwanderern und Flüchtlingen (Syrer, Haitianer, Bolivianer, Senegalesen, usw.), die in Brasilien sind, um zu überleben. Es fehlt es ebenso an staatlicher Unterstützung für die restliche Bevölkerung um die sozialen und wirtschaftlichen Mindeststandards einzuhalten. Und diese Situation ist jetzt im Bundesstaat Roraima eskaliert.

 

Die Rolle des Wahlkampfes

 

Der Wahlkampf ist entscheidend für die Verschärfung der Gewalt, der Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung, die von der Regierung des Staates Roraima mit der Gouverneurin Suely Campos (von der Progressiven Partei) an der Spitze angeleitet wird. Die sensationsgeile Presse und die Einflüsse von neofaschistisch motivierten Grupperiungen spielen ebenso mit. Medien spekulieren zu Recht, dass die Kampagne der Gouverneurin gegen die venezolanischen Flüchtlinge ihre Haupstrategie für die Wiederwahl darstellt, da sie hofft so mehr mehr Stimmen zu bekommen. Zuvor hatte die Gouverneurin nämlich auch Klage beim Obersten Gerichtshof eingereicht, um die Grenze zu schließen und die Ankunft von Flüchtlingen zu verhindern. Dies wurde aber von der Obersten Ministerin Rosa Weber umgehend abgelehnt.

 

Die Position der Revolutionären KommunistInnen (CCR in Brasilien)

 

Die Corrente Comunista Revolucionária (Sektion der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz in Brasilien) bringt ihre volle Solidarität mit allen venezolanischen Flüchtlingen und allen anderen Migranten zum Ausdruck. Wir verurteilen die Regierung von Temer und die Eliten dafür, die derzeitige migrantenfeindliche Stimmung aus offensichtlichen Zielen heraus anzuheizen. Wir verurteilen jede militärische Intervention im Bundesstaat Roraima wie auch in der Stadt Rio de Janeiro. Die Ausweitung dieser Interventionspolitik im Namen der Sicherheit zu einer Zeit, in der wir in einem Ausnahmezustand leben, kann den Weg für die totale Militarisierung des Landes bereiten. Eine mögliche Militarisierung der Grenze zu Venezuela wäre zudem eine Möglichkeit für die Regierung, der Forderung der US-Regierung nachzukommen, die brasilianische Regierung solle Druck auf das Nachbarland ausüben und versuchen, die Regierung von Maduro zu stürzen. Wir lehnen jede Intervention in Venezuela ab, sowohl aus den Vereinigten Staaten als auch aus benachbarten Ländern. Es ist weder die demoralisierte Putschregierung von Michel Temer noch der US-Imperialismus, die einem Land Lektionen zur Demokratie geben darf!

 

* Uneingeschränkte Soildarität mit den Flüchtlingen aus Venezuela sowie allen anderen MigrantInnen!

 

* Für die Sofortige Öffnung der Grenzen!

 

* Migranten müssen die gleichen Rechte bekommen wie brasilianische Staatsbürger!

 

* Nein zur Militärintervention in Rio de Janeiro, in Roraima und im ganzen Land!

 

* Gegen eine Intervention der imperialistischen Mächte oder der brasilianischen Regierung auf dem Territorium Venezuelas!