Israel – der wahre Terrorist

Von Nina Gunić, Revolutionär-Kommunistische Organisation BEFREIUNG, 24.07.2014, www.rkob.net

 

Die Berichterstattung in den Tageszeitungen zum Krieg Israels gegen die PalästinenserInnen – allen voran den Tageszeitungen ÖSTERREICH und HEUTE – könnten kaum parteiischer sein. Sie bezeichnen den Krieg in der üblichen zionistischen Propaganda-Sprache als Krieg der gegen Terroristen geführt wird. Interviews werden gedruckt mit österreichischen Urlaubern, die über die Angst der israelischen Bevölkerung vor den Bomben in Tel Aviv berichten. Besonders widerwärtig wird in der Ausgabe vom 10.Juli der Zeitung HEUTE eine weinende Palästinenserin dargestellt mit dem Untertitel „Mutter eines Terroristen weint“. (1) Während die anderen bürgerlichen Zeitungen nicht weniger parteiisch in dieser Frage sind, bemühen diese sich zumindest um einen weniger reisserisch klingenden Hetzton gegen das palästinensische Volk.

 

Die Stimmen, die ihnen außerhalb Palästinas entgegengehalten werden, sind die Stimmen der AktivistInnen in der Türkei, die israelische Botschaften angriffen. Es sind die Stimmen der AktivistInnen in Frankreich, die trotz Verbot durch die Regierung der „Sozialdemokraten“, die auch von den angeblichen „Kommunisten“ unterstützt werden, auf die Straße gingen und sich ihr Recht auf Protest einfach nahmen. Es sind die Stimmen von Zehntausenden in London, in Wien, und überall sonst auf der Welt. Diese Stimmen verkünden die blanke Wahrheit, die nur all zu gerne von den herrschenden Klassen zum Schweigen gebracht werden würden, allen voran von Israel selbst. Es ist die einfache und doch mehr als treffende Charakterisierung des immer als extrem kompliziert dargestellten Konfliktes zwischen den PalästinenserInnen und dem Staat Israel, der nicht oft genug gesagt werden kann: Israel ist der Terrorist!

 

Betrachtet man die Geschichte Israels, ist es eine Geschichte, die gewebt wurde mit Leichentüchern der Palästinenserinnen und Palästinensern. Alleine die Nakba, das große Unglück der Vertreibung des palästinensischen Volkes, zwang 1948 mehr als 700.000 Menschen zur Flucht. Der Tag der Verkündung des neuen Israels, der von den PalästinenserInnen als der Tag der großen Trauer gehalten wird, an dem so viele ihre Heimat verloren, ist für Israel selbst ein fröhlicher Feiertag, der Jom haAtzma'ut. Dabei wurde im Zuge der Nakba jegliches Rückkehrrecht für PalästinenserInnen verboten, ihr Land wurde mit dem Befehl, es nie wieder aus israelischer Hand zu geben, an israelische Siedler überführt. Seither gibt es immer wieder Meilensteine der Vernichtungsaktionen und der Zerstörung palästinensischen Wohnraumes. Inzwischen sind die PalästinenserInnen zusammengepfercht auf einen kleinen Streifen in Gaza und der Westbank. Und selbst das soll ihnen genommen werden.

 

Rassistische Hetzkampagnen

 

Allein in den letzten Jahren ist die Stimmung in Israel verschiedenen Berichten nach und gemessen an dem Stärkerwerden von Parteien der extremen Rechten wie dem „Jüdischen Haus“, stark nach rechts gegangen. Die Bodenoffensive in Gaza ist das Ergebnis eines massiven Drucks in breiten Teilen der israelischen Bevölkerung noch härter gegen jeden Widerstand, der aus dem Gaza kommt, vorzugehen. (2) Dieser zunehmende Rechtsdruck äußert sich in Attacken von Rechten und Rechtsradikalen gegen Friedensdemonstranten in Israel, die von der israelischen Polizei mit Gleichgültigkeit beobachtet werden. Sie äußert sich in Aufmärschen radikaler Rechter, so wie in Jaffa am 21.07., wo Hunderte mit Losungen wie „Tod den Arabern!“ ohne behelligt zu werden aufmarschierten. (3)

 

Selbst anerkannte Journalisten in Israel, die es wagen in dieser Zeit irgendeine Form von Kritik am Kriegszug Israels vorzubringen, werden nicht nur von Institutionen geschnitten sondern auch persönlich auf ihr Leben bedroht. Der Journalist Gideon Levy von der Zeitung „Haaretz“ wagte es, die israelische Fliegerelite, ihre Luftwaffe, zu kritisieren: „Sie sind Helden, die die Schwächsten bekämpfen, hilflose Menschen ohne Luftwaffe und ohne Flugabwehrsystem. Manche haben nicht einmal einen Drachen, den sie steigen lassen können.“ Seitdem kann er nicht ohne Bodyguard unterwegs sein. Auch ein Genosse von unserer Schwesterorganisation in Israel / Besetztes Palästina, der Internationalistischen Sozialistischen Liga (ISL), wurde bei einer Demonstration gegen den Krieg von Rechtsradikalen angegriffen und verletzt. (4)

 

All das ist nicht verwunderlich in einem Land, dessen Außenminister, Avigdor Liebermann, als Jugendlicher mit Fahrradketten und Stacheldraht nachts auf „Araber-Jagd“ (5) unterwegs war. In einem Land, dessen Wirtschaftsminister, Naftali Benett, den gesamten Gaza und die Westbank in israelische Hand nehmen und damit noch alle verbliebenen PalästinenserInnen aus ihrer Heimat vertreiben will. (6)

 

Trotz der Zunahme toter israelischer Soldaten scheint die Stimmung den Umfragen nach somit nicht überraschend nach wie vor für eine Weiterführung der Bodenoffensive zu sein. (7)

 

Die Sprache der Toten

 

Seit Beginn der Operation „Protective Edge“ sind mehr als 620 Palästinenserinnen und Palästinenser, darunter etliche Kinder, getötet worden. Gerade einmal 32 israelische Soldaten sind bisher umgekommen. Diese Zahlen reihen sich ein in die vergangener Militäroperationen Israels gegen den Gaza-Streifen und die Westbank. Die Operation „Disengagement“ brachte 2005/06 den Tod für 643 PalästinenserInnen und gerademal 42 Israelis. Die darauffolgende Militäroperation „Cast Lead“ 2008 kostete 1515 PalästinenserInnen das Leben im Vergleich zu 13 Israelis. Mit „Pillar of Defense“ brachte 2012 die nächste Militäroperation Israels den Tod für 174 PalästinenserInnen und 6 Israelis. (8)

 

Von den insgesamt knapp 90 toten Israelis sind weniger als ein Dutzend Zivilisten gewesen. Von den insgesamt knapp 3052 getöteten PalästinenserInnen waren fast nur Zivilisten betroffen. Das Argument es handle sich um einen Konflikt, der von beiden Seiten getragen wird, erscheint im Licht dieser Zahlen mehr als schwach. Der wahre Terrorist ist nicht der Palästinenser mit der Steinschleuder in der Hand, der seine Familie und sein eigenes Leben gegen Panzer verteidigt. Der wahre Terrorist ist noch nicht einmal der Hamas- oder Islamischer Jihad-Kämpfer, der auf Grund der Not und des Elends des palästinensischen Volkes für eine bürgerlich-islamistische Organisation rekrutiert werden konnte. Der wahre Terrorist ist der Staat Israel und all jene, ob in Uniform oder im Anzug, die diesen Terrorstaat aktiv unterstützen. An ihren Händen klebt das Blut Unschuldiger, dass sie mit hysterischen Verweis auf die toten Israelis rechtfertigen wollen.

 

Zwischen 1948 und 1997 starben insgesamt bei allen Militäreinsätzen Israels (inklusive den Einsätzen außerhalb Israels und der Palästinensergebiete wie dem Golfkrieg) 20.093 Soldaten. (9) Die Zahl dieser insgesamt in allen Militärkonflikten getöteten israelischen Soldaten ist insoferne auch stark verzerrt, als sie bei den späteren Kriegen deutlich geringer ausfielen. Das ändert nichts daran, dass gesagt werden kann: Fast genausoviele Menschen in Israel starben im Zeitraum von 2012-2013 an Krebs. (10)

 

Für das Wohl der israelischen Bevölkerung ist eine Krankheit wie Krebs somit eine viel größere Gefährdung als jeder Angriff einer Hamas oder anderer Kräfte es bisher je sein konnte. Allein die Existenz Israels dagegen war und ist eine Gefährdung der Gesundheit und des Lebens Zehntausender Menschen jedes Jahr! Sie ist der tödlichste Krebs für die PalästinenserInnen.

 

Alleine von den bei der jetzigen Bodenoffensive Israels getöteten Menschen, sind mehr als 80% Zivilisten. (11) Israel tötet aber nicht nur mit seinen militärischen Mitteln. Es tötet jeden Tag seit seiner Existenz kontinuierlich durch Vertreibung, Aushungern lassen, Diebstahl von Wasser und über andere Wege. Alleine in den ersten Gründungsjahren des Apartheidstaates Israel wurden schätzungsweise 957.000 PalästinenserInnen vertrieben. (12) Der Anteil der Menschen, die im Gaza-Streifen über 64 Jahre alt sind liegt bei 2,6% der Gesamtbevölkerung. (13) Im Vergleich dazu liegt der Anteil der Menschen, die über 64 Jahre alt sind in Israel bei 10,5% der Gesamtbevölkerung. (14) Die Rate der Sterblichkeit der Mütter während der Geburt ist mehr als 9 Mal so hoch, die der Kinder bei der Geburt fast viermal so hoch im Gaza-Streifen als in Israel selbst. (15) Die Jugendarbeitslosigkeit liegt im Gaza-Streifen bei mehr als 38% und damit mehr als dreimal so hoch im Vergleich zu Israel. (16) Diese Zahlen lassen sich ewig weiterführen. Doch sie alle bedeuten ein und dasselbe: Israel ist der wahre Terrorist!

 

Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf!

 

Der Nahost-Konflikt ist kein biblischer Streit, kein religiöses Gefecht, keine Wiedergutmachung der antisemitischen Verbrechen und es geht um kein heiliges Land, das nur einer nationalen Gruppe zusteht. Kein einziger Palästinenser trägt Schuld an der Shoah, die sich in Europa abgespielt hat. Es ist in Wirklichkeit der Kampf eines unterdrückten, vertriebenen und terrorisierten Volkes, der PalästinenserInnen, gegen einen militärischen, Atomwaffenbesitzenden Goliath, dem Staat Israel.

 

Es wird Zeit den Terroristen Israel ein für alle Mal zu stoppen! Die Revolutionär-Kommunistische Organisation BEFREIUNG fordert:

 

* Sofortiger Stopp der Bodenoffensive! Rückzug der Israelischen Armee und Polizei aus allen Gebieten der PalästinenserInnen! Nieder mit Israels Krieg!

 

* Öffnet die Grenzen zum Gaza-Streifen und sorgt für Hilfslieferungen, organisiert von der internationalen ArbeiterInnenbewegung und allen fortschrittlichen Kräften! Sofortiges Ende jeglicher Isolierungspolitik der palästinensischen Gebiete! Stattdessen internationaler, scharfer Boykott der israelischen Wirtschaft!

 

* Für die Zerschlagung des israelischen Apartheidstaates! Stattdessen braucht es ein freies Palästina vom Jordanfluss zum Mittelmeer! Ein solches Palästina ist eine demokratische, sozialistische Republik der ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen!

 

* Für das uneingeschränkte Rückkehrrecht der PalästinenserInnen! Alle israelischen Siedler müssen den Grund und Boden all jenen zurückgeben, die durch die Nakba und danach vertrieben wurden! Für die Streichung aller Apartheidsgesetze, wie auch denen zur Eheschließung, Erwerbung von Land, usw. Jeder darf und soll unabhängig der Religion in einem freien Palästina leben, das auf der Basis der vollen demokratischen Rechte für alle PalästinenserInnen existiert! Jeder, der eine solche Gleichberechtigung der tatsächlichen Mehrheit der Bevölkerung nicht akzeptieren kann und daher die Apartheid aufrecht erhalten will, hat in einem freien Palästina nichts verloren!

 

Eine internationale Solidaritäts- und Protestbewegung muss aufgebaut werden um all diese Forderungen und noch mehr zu erkämpfen und eine friedliche Zukunft für die Menschen im Nahen Osten zu ermöglichen.

 

Nur wenn der wahre Terrorist Israel besiegt wird, ist tatsächlicher Friede möglich!

 

Für ein freies, ein rotes Palästina!

 

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Fußnoten

 

(1) Zeitung HEUTE, Donnerstag, 10.07.2014, Seite 2

 

(2) http://www.sueddeutsche.de/politik/israel-im-gaza-konflikt-zivile-scharfmacher-1.2054475

 

(3) http://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-gaza-kritiker-haben-in-israel-einen-schweren-stand-a-982350.html

 

(4) http://www.thecommunists.net/worldwide/africa-and-middle-east/fascists-attack-pro-gaza-demo-in-haifa/

 

(5) http://www.tagesschau.de/ausland/lieberman148.html

 

(6) http://www.sueddeutsche.de/politik/israel-im-gaza-konflikt-zivile-scharfmacher-1.2054475

 

(7) http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/07/israel-shrinking-space-dissent-gaza-20147216123850798.html

 

(8) http://www.aljazeera.com/indepth/interactive/2014/07/interactive-gazaunderattack-2014712131821500360.html

 

(9) http://www.mfa.gov.il/mfa/aboutisrael/history/pages/the%20arab-israeli%20wars.aspx

 

(10) http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/174269#.U9CMs7HeD1U

 

(11) http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/israel/10967279/UN-80-per-cent-of-Palestinians-killed-in-Israeli-offensive-are-civilians.html

 

(12) http://domino.un.org/unispal.nsf/9a798adbf322aff38525617b006d88d7/93037e3b939746de8525610200567883

 

(13) https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gz.html

 

(14) https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/is.html

 

(15) Siehe Fußnoten 12 und 13

 

(16) Ebenda