USA: Für eine revolutionäre Befreiungsbewegung der Schwarzen!

USA: Michael Brown, Eric Garner, Trayvon Martin –

Für eine revolutionäre Befreiungsbewegung der Schwarzen!

von Adam Beltz und Nina Gunić, Revolutionär-Kommunistische Internationale Tendenz (RCIT), 13.12.2014, www.thecommunists.net

 

The land of the free“ ist eine Verhöhnung nicht nur der Realität von uns ArbeiterInnen, sondern wie sich gerade auch in den letzten Monaten für besonders viele Menschen auf der ganzen Welt zeigte auch für unsere afroamerikanischen Brüder und Schwestern. Formell mag es die Apartheid in den USA nicht geben, real hat sie aber nie aufgehört zu existieren.

Michael Brown, ein unbewaffneter schwarzer Jugendlicher wird von einem Polizisten erschossen und es wird noch nicht einmal Anklage gegen den Polizisten erhoben. Dabei hat dieser zwölf Schüsse abgegeben, von denen sieben den Körper von Michael Brown trafen! Die Grand Jury hat dennoch entschieden von einer Anklage abzusehen.

Eric Garner, ein 43-jähriger Familienvater und Asthmatiker schlichtet ein Handgemenge und wird von der ankommenden Polizei in den längst verbotenen Schwitzkasten genommen. Er stirbt im Zuge eines Asthma-Anfalles während der Verhaftung mit den letzten Worten, die inzwischen die gesamte USA erschüttern: „I can’t breath!“ Auch hier wurde keine Anklage erhoben.

Trayvon Martin, ein 17-jähriger, unbewaffneter Jugendlicher wird von einem patrouillierenden Nachbarschaftswachen und selbsternannten Sheriff auf bloßen Verdacht hin erschossen. Das Vergehen von Trayvon lag darin mit einer Flasche Eistee und Süßigkeiten am späten Abend unterwegs gewesen zu sein. Der Mörder von Trayvon Martin wurde frei gesprochen, nur um wenige Zeit später wegen häuslicher Gewalt angezeigt zu werden. George Zimmerman hatte seine Frau mit der Waffe bedroht.

Tamir Rice, ein 12-jähriges Kind spielte auf einen Spielplatz mit einer Spielzeugpistole, als ein Polizeiwagen vorfuhr und ihn innerhalb von zwei Sekunden erschoss.

Ezell Ford, ein 25-jähriger, geistig behinderter junger Mann wurde von der Polizei grundlos auf offener Straße exekutiert. Er war wie alle anderen genannten Beispiele unbewaffnet. Nachbarn riefen der Polizei zu, dass es sich um einen geistig behinderten Mann handelt – immerhin war das allen im Viertel bekannt.

 

Willkürliche Verfolgung

 

Das sind nur wenige Beispiel für eine Wahrheit, für eine Realität, ein ungeschriebenes Gesetz mit dem jeder unserer schwarzen Brüder und Schwestern aufwächst: Es ist egal wer du bist, egal woher du kommst und egal was genau du machst, als AfroamerikanerIn läufst du permanent Gefahr verhaftet oder einfach so getötet zu werden, während dein Mörder (sofern er nicht auch ein Schwarzer ist) mit Sicherheit noch nicht einmal angezeigt wird.

Dabei ist es egal, was du machst. Das Verbrechen von Michael Brown lag darin angeblich Zigarillos gestohlen zu haben und mitten auf der Straße gegangen zu sein. Das Verbrechen von Eric Garner lag darin, nicht eingesehen zu haben unschuldig festgenommen zu werden. Und Trayvon Martin hat es gewagt einen Hoodie (einen Kapuzenpulli) getragen zu haben. Laut FOX und anderen rechten TV-Sendern das internationale Erkennungszeichen von „thugs“. Die afroamerikanische US-Schauspielerin Danièle Watts (bekannt geworden unter anderem durch den Film Django unchained) wurde festgenommen, weil sie es gewagt hat auf offener Straße ihren Partner zu küssen, der ein Weißer ist. In den Augen der Polizeibeamten outete sie sich mit dieser Aktion als potentielle Prostituierte(!). Und Tamir Rice hat mit einem Spielzeug einfach das getan, wofür Spielzeuge gemacht werden: Auf einem Spielplatz damit gespielt. Ezell Ford ist die Straße entlang gegangen, unbewaffnet und in seiner eigenen Nachbarschaft.

 

Unterdrückung auf allen Ebenen

 

Das ist die Wirklichkeit: Als AfroamerikanerIn darfst du keine Hoodies tragen, nicht am Abend, in der Nacht oder untertags auf der Straße unterwegs sein, niemanden in der Öffentlichkeit küssen, geschweige denn einen Streit schlichten oder mit Spielzeug spielen. Und das ist nur ein Teil einer ewig langen Liste an Verhaltensregeln, die in den USA für Schwarze gelten und als verdächtiges Verhalten als Grund aus dem Hut gezaubert werden, wenn schon wieder ein rassistischer Mord an Schwarzen begangen wurde.

Kein Wunder also, dass niemand so oft in Verlegenheit kommt von der Polizei schickaniert und verhaftet zu werden wie unsere schwarzen Brüder und Schwestern. Einer von neun männlichen Afroamerikanern zwischen 20 und 34 Jahren sitzt in Haft. Jeder zweite männliche Afroamerikaner war bis seinem 23 Lebensjahr zumindest schon einmal im Gefängnis. Es gibt mehr schwarze Brüder und Schwestern im Gefängnis als auf dem College oder der Uni.

Die Unterdrückung von AfroamerikanerInnen zeigt sich nicht nur in der Frage des Repressionsapparates sondern auf allen Ebenen in der kapitalistischen Gesellschaft. Mehr als die Hälfte aller afroamerikanischen Haushalte muss mit weniger als 35.000 Dollar im Jahr auskommen, bei den Weißen ist es ein Drittel. Gleichzeitig verfügen 25% aller weißen Haushalte über mehr als 100.000 Dollar im Jahr. Bei den Schwarzen sind es weniger als ein Zehntel. Weiße Babys haben daher eine um vier Jahre höher liegende Lebenserwartung. Kein Wunder: Ein Viertel aller afroamerikanischen Haushalte lebt unter der Armutsgrenze. Bei den Weißen ist es ein Zehntel.

 

Widerstand überall

 

Seit den tragischen Ereignissen rund um Michael Brown, Eric Garner und Tamir Rice scheint die USA endlich von dem ergriffen zu werden, was dieses Land mehr als dringend braucht: einer breiten Welle des Klassenkampfes von unten. Es gab in Ferguson Straßenschlachten mit der Polizei, ebenso wie es zu Massenprotesten in New York, Los Angeles und anderen Städten der USA – und inzwischen sogar in Britannien – kam. In Ferguson selbst gab es heftige Auseinandersetzungen mit der Polizei schon im August dieses Jahres. Damals wurde es sogar Journalisten untersagt vor Ort über die Ereignisse zu berichten. Immerhin mussten die Killer-Polizisten vor schlechter Publicity geschützt werden. Doch die Proteste flammten wieder auf, als Ende November der Entschluss der Grand Jury keine Anklage zu erheben bekannt wurde.

Als unmittelbare Reaktion ist sogar das Rathaus ist in St. Louis gestürmt worden. Die Proteste sind inzwischen aber weit darüber hinausgewachsen. Sie haben einen flächengreifenden und populären Charakter gewonnen. Überall werden sogenannten Die-ins gemacht. Menschen versammeln sich und fallen kollektiv um, ausgerüstet mit Schildern und T-Shirts auf denen Eric Garners letzte Worte stehen. Selbst etabliertere Schichten der Gesellschaft – z.B. angehende Ärzte in Chicago, Kirchenvertreter in New York und sogar die Spieler der NBA – machen mit bei Die-ins oder tragen entsprechende T-Shirts, Schilder und andere Symbole.

Selbst hoch angesehene bürgerliche Einrichtungen wie das CBC (Congressional Black Caucus) und die UNO-Konvention gegen Folter haben sich gegen das Urteil im Fall von Michael Brown ausgesprochen. Dies zeigt, wie breit die Empörung unter der arbeitenden Bevölkerung ist, dass sich sogar solche eng mit dem kapitalistischen System verbundene Institutionen gezwungen sehen, Protest gegen die weiße Polizeigewalt einzulegen.

Die USA ist ein reaktionäres Pflaster, aber wie wir schon beim August-Uprising in Britannien 2011 sehen konnten ist die Unterdrückung von Schwarzen und MigrantInnen nicht auf Nordamerika beschränkt, sondern ein internationales Phänomen, das auch für Länder in Europa gilt.

 

Perspektive

 

Es ist höchste Zeit Selbstverteidigungseinheiten von Afro-AmerikanerInnen, in Zusammenarbeit mit der ArbeiterInnenbewegung und aller fortschrittlichen Kräften, aufzubauen um sich gegen die Mörder unserer Brüder und Schwester – Polizei und alle selbsternannten Sheriffs – verteidigen zu können. Nur so kann die Polizei aus den schwarzen Vierteln vertrieben werden.

Ebenso ist es notwendig, eine enge Verbindung mit den anderen unterdrückten nationalen Minderheiten (v.a. die Latinos) herzustellen sowie zu den Gewerkschaften und anderen Organisationen der ArbeiterInnenbewegung. Schon nach 1968 übten die Black Panthers eine starke Ausstrahlungskraft auf andere unterdrückte nationale Minderheiten aus und führten zur Gründung ähnlicher militanter Befreiungsorganisationen. Eine ähnliche Entwicklung könnte auch nun wieder stattfinden.

Eine gemeinsame Bewegung der ArbeiterInnen und Unterdrückten müsste den Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt mit einem Programm sozialer, anti-kapitalistischer Forderungen zur Abschaffung der Armut und Arbeitslosigkeit verbinden.

Was wir brauchen ist eine revolutionäre Befreiungsbewegung der Schwarzen in den USA, ebenso wie in Britannien, die zusammen mit der gesamten ArbeiterInnenbewegung für den Sturz dieses Klassensystem, dem Kapitalismus, kämpft.

Ebenso muss jeder Rassismus, jeder Funken an Feindlichkeit gegen unsere schwarzen Brüder und Schwestern mit aller Härte auch in den Reihen der ArbeiterInnenbewegung selbst bekämpft werden.

Die Zeit ist mehr als reif für den Aufbau einer revolutionären Befreiungsbewegung der Schwarzen! Jeder Kommunist, jeder Revolutionär, selbst jeder einfache Demokrat muss spätestens jetzt diese Notwendigkeit verstehen und alle Schritte in diese Richtung unterstützen!

 

Auszug aus dem  internationalen Programm der RCIT:

In mehreren imperialistischen Ländern bilden Schwarze eine wichtige Minderheit (v.a. den USA, Frankreich und Britannien). Während sie in den USA im Zuge im 17. und 18.Jahrhundert unter den schrecklichsten Bedingungen ins Land verschleppt und dort als Sklaven ausgebeutet wurden, kamen die meisten Schwarzen in Britannien erst nach dem II. Weltkrieg als MigrantInnen aus den vom Empire unterdrückten Nationen.

Die Schwarzen haben in ihrem Kampf gegen die Unterdrückung eine Reihe von Organisationen und Bewegungen geschaffen. Doch diese blieben zumeist unter einer bürgerlichen oder kleinbürgerlichen Führung. Selbst die großartigste und heroischste Bewegung der Schwarzen in den USA – die Black Panther – konnte nicht die Grenzen des kleinbürgerlichen Nationalismus überwinden. Die Bolschewiki-Kommunisten unterstützen den Aufbau einer revolutionären Bewegung der Schwarzen und befürworten die engstmögliche Zusammenarbeit mit der gesamten ArbeiterInnenbewegung

* Für ein öffentliches Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramm unter Kontrolle von VertreterInnen der schwarzen Gemeinde und der ArbeiterInnenbewegung – bezahlt aus den Unternehmerprofiten! Für ein massives Ausbauprogramm von Wohnungen!

* Schluß mit der weitverbreiteten Praxis des bürgerlichen Staates, Schwarze und MigrantInnen massenhaft zu langen Gefängnisstrafen zu verurteilen. Aufrollen aller Gerichtsfälle, bei denen Schwarze und MigrantInnen schuldig gesprochen wurden vor demokratisch gewählten Geschworenengerichten, die zu mindestens der Hälfte aus Angehörigen der nationalen/rassischen Minderheit des Angeklagten bestehen!

* Für den Aufbau von bewaffneten Selbstverteidigungseinheiten der Schwarzen und deren Unterstützung durch die gesamte ArbeiterInnenbewegung!

* Lokale Selbstverwaltung von Gebieten mit hohem Anteil von Schwarzen! Besondere Berücksichtigung der Wünsche der schwarzen Bevölkerung bei der Festlegung der Grenzen der Selbstverwaltungsgebiete! Finanzielle Unterstützung durch den Staat!

* Für eine revolutionäre Bewegung der Schwarzen als Teil der 5. Arbeiterinternationale! Für das Recht auf eigene Treffen der Schwarzen in den Gewerkschaften und den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung!