Kriegsgefahr im östlichen Mittelmeer

 

Nieder mit der imperialistischen Aggression von EU, Israel und Arabischen Tyrannen gegen die Türkei! Unterstützt die andauernde Arabische Revolution!

 

Stellungnahme der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz (RCIT), 14. September 2020, www.thecommunists.net

 

 

 

Anmerkung der Redaktion: Die folgende Stellungnahme ist eine Zusammenfassung und Aktualisierung unsere Analyse und Taktiken im östlichen Mittelmeer. Für eine ausführliche Darlegung verweisen wir auf die RCIT-Thesen zu diesem Thema (“Turkey and the Growing Tensions in Eastern Mediterranean”, siehe unten).

 

 

 

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1.             Die militärischen Spannungen im östlichen Mittelmeer lassen einen Krieg in Europe unter Teilnahme imperialistischer Großmächte eine realistische Möglichkeit werden – zum ersten Mal seit dem Ende des II. Weltkriegs. Dieser Konflikt hat einen eminent internationalen Charakter da er drei verschiedene Regionen – Maschrek im Nahen Osten, Maghreb in Nordafrika sowie Europa – direkt betrifft.

 

2.             Es ist vordringlich, dass Revolutionärinnen und Revolutionäre die komplexe Natur dieses Konflikts verstehen und eine prinzipienfeste Position einnehmen. Die Revolutionär-Kommunistische Internationalen Tendenz (RCIT) ruft dazu auf, die andauernde Befreiungskämpfe in Syrien, Libyen, usw. gegen die konterrevolutionären Kräfte (Assad, Haftar, …) weiterhin zu unterstützen und gleichzeitig die Türkei gegen die imperialistische Aggression von EU, Griechenland, Israel, Vereinigte Arabische Emirate und Ägyptens General Sisi zu verteidigen.

 

3.             Oberflächlich betrachtet scheint es bei dem Konflikt im östlichen Mittelmeer nur um die Rivalität von Regionalmächten um die Kontrolle der großen Erdgasreserven in der Region zu gehen. Solche gegensätzlichen Wirtschaftsinteressen zwischen den beteiligten Staaten existieren und spielen zweifellos auch eine wichtige Rolle in diesem Konflikt. Aber das Wesen dieses Konfliktes ist weitaus komplexer, da er vor dem Hintergrund tiefgreifender Umwälzungen in den Klassenkämpfen in der Region sowie im Kräfteverhältnis zwischen den imperialistischen und regionalen Mächten stattfindet.

 

4.             Der 2011 beginnende revolutionäre Prozess ist das wichtigste globale Klassenkampfereignis seit der Periode 1968-76. Er hat zum Sturz mehrere Diktatoren geführt (z.B. Ben Ali, Mubarak, Gaddafi und Saleh), zu langandauernden Volksbefreiungskriegen (in Syrien gegen die russisch-iranisch-Assadistische Besatzung; in Jemen gegen die Invasion von Saudi-Arabien und den Emiraten; und in Libyen gegen General Haftars Konterrevolution), sowie zu einer Reihe bitterer Niederlagen (z.B. General Sisi Militärputsch in Ägypten). Schändlicherweise beziehen zahlreiche stalinistische und zentristische Kräfte eine neutrale Stellung oder unterstützen gar die arabischen Tyrannen und die hinter ihnen stehenden imperialistischen Mächte.

 

5.             Diese großen Erschütterungen haben zur Herausbildung von zwei konterrevolutionären “Heiligen Allianzen” geführt. Die eine ist die Achse des russischen Imperialismus, Iran, Hisbollah und der Assad-Diktatur; die andere besteht aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) und Ägypten in enger Zusammenarbeit mit dem US und israelischen Imperialismus.

 

6.             Im Gegensatz zu diesen beiden konterrevolutionären Allianzen versuchen einige Staaten zwischen den Großmächten zu manövrieren und ihre Interessen zu wahren indem sie verschiedene Befreiungskämpfe ausnützen und materiell unterstützen. Dies trifft insbesondere auf die Türkei zu, die eine gewisse Unterstützung für die den Kampf fortsetzenden Befreiungsbewegungen in Idlib sowie für die lybische GNA-Regierung leistet. Ein weiteres Beispiel ist die Unterstützung der Türkei für die exilierten Führer der Muslimbruderschaft, die von der ägyptischen Diktatur verfolgt werden. Katar, ein Verbündeter der Türkei, spielt eine ähnliche Rolle wenn auch in einem geringeren Ausmaß (z.B. finanzielle Unterstützung für den von Hamas geführten Gaza).

 

7.             Die RCIT hat wiederholt betont, dass wir jegliche politische Unterstützung für die bürgerlich-islamistische Erdoğan-Regierung ablehnen. Wir unterstützen das nationale Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes. Darüberhinaus ist die Unterstützung der Türkei für die Befreiungskämpfe in Syrien und Libyen ein zweischneidiges Schwert. Als Gegenleistung für materielle (inklusive militärische) Unterstützung versucht Ankara vorteilhafte Geschäftsabschlüsse zu erzielen. Darüberhinaus versucht die Regierung ihre Kontrolle über die syrischen Befreiungsstreitkräfte bzw. die libysche Regierung auszuweiten. Dies ist nicht nur an sich gefährlich da es die Kontrolle des Volkes über die Befreiungsstreitkräfte untergräbt. Es ist auch schädlich, da die Erdoğan-Regierung bestrebt ist, ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen zu wahren indem sie Abkommen mit dem russischen sowie dem amerikanischen Imperialismus trifft (z.B. der Astana/Sochi Prozess welcher auf die Liquidierung der Syrischen Revolution abzielt).

 

8.             Der EU-Imperialismus – insbesondere seine mediterranen Mitgliedsstaaten angeführt von Frankreich – haben die Spannungen in der Region massiv verschärft. Sie unterstützen bedingungslos Griechenland und Zypern sowie deren Forderungen an die Türkei. Diese Ansprüche – basierend auf dem Vertrag von Lausanne von 1923, den die Großmächte der Türkei aufzwangen – verweigern letztlich Ankara jeglichen nennenswerten Anteil an den Hoheitsrechten im östlichen Mittelmeer, und das obwohl es – nach Ägypten – der bevölkerungsreichste Mittelmeerstaat ist. Schändlicherweise agieren die stalinistische KKE und andere “linke” Kräfte in Griechenland als langjährige Bannerträger des Chauvinismus indem sie zur “kompromisslosen Verteidigung” der Seegrenze gegen die Türkei aufrufen.

 

9.             Die geplanten gemeinsamen Pipeline-Projekte zwischen Griechenland, Zypern, Israel und Ägypten sollen eine langfristige Versorgung Europas mit Erdgas ermöglichen (was wiederum die Abhängigkeit der EU von Gasimporten aus Russland verringern könnte). Deswegen sind diese Staaten entschlossen, die Verwirklichung der Pläne der Türkei und Libyens zu verhindern. Denn deren gemeinsame Ausbeutung der Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer durch eine „Exklusive Wirtschaftszone“ würde mitten durch die geplante Pipelinerouten der EU, Israels und Ägyptens durchschneiden.

 

10.          Es gibt auch noch zwei weitere Faktoren, die das aggressive Kriegstreiben der europäischen Regierungen gegen die Türkei verursachen. Erstens, diese Kampagne soll die Formierung der EU als militärischer Block vorantreiben, der nicht völlig von der USA bzw. der NATO abhängt. Zweitens dient sie der islamophoben Hetze, gestützt auf bürgerlichen Säkularismus (z.B. Frankreich) sowie der christlichen Orthodoxie (z.B. Griechenland, Osteuropa), die sich gegen die rasch wachsende Gruppe muslimischer Migranten in der EU richtet.

 

11.          Vor kurzem hat auch der US-Imperialismus seine offizielle Unterstützung für Zypern und dessen Ansprüche gegen die Türkei zum Ausdruck gebracht. Darüberhinaus haben die USA ihr seit 33 Jahren geltendes Waffenembargo gegenüber Zypern aufgehoben.

 

12.          Um es zusammenzufassen: die Spannungen im östlichen Mittelmeer stellen keinen Konflikt zwischen zwei gleichwertigen Übeln dar. Auf der einen Seite steht eine konterrevolutionäre Allianz des europäischen Imperialismus mit Israel und mehreren arabischen Diktaturen (und mit der Unterstützung der USA). In anderen Worten, diese ist eine durch und durch reaktionärer Block von Imperialismus, Zionismus und arabischen Tyrannen. Auf der anderen Seite steht die Türkei, eine entwickelte Halbkolonie. Ankara versucht seine Interesen durch Manövrieren zwischen den Großmächten und durch taktische Unterstützung verschiedener Befreiungskämpfe zu wahren. Wenn dieser Konflikt mit einem Sieg der „Heiligen Allianz” endet, würde dies die imperialistischen EU, Israel sowie arabischen Tyrannen stärken. Ebenso würde dies die Befreiungskämpfe in Syrien, Libyen und Palästina schwächen.

 

13.          Revolutionärinnen und Revolutionäre müssen danach streben, eine solche Entwicklung zu verhindern. Eine neutrale Haltung kommt einer Gleichgültigkeit gegenüber einer Stärkung von Imperialismus, Zionismus und Tyrannei gleich sowie gegenüber dem Schicksal der andauernden Befreiungskämpfe in der arabischen Welt. Deswegen ruft die RCIT zur Verteidigung der Türkei gegen die imperialistisch-zionistisch-tyrannische Aggression auf ohne dabei die Erdoğan-Regierung politisch zu unterstützen. Eine solche Verteidigung muss mit der bedingungslosen Unterstützung der Arabischen Revolution und dem palästinensischen Befreiungskampf verbunden werden. Für eine gemeinsame Intifada im gesamten Nahen Osten – von Bagdad und Beirut, Idlib, Tripoli, Sana’a, Gaza, Kairo, Algier, Khartum bis Teheran – als ein Schritt in Richtung einer Sozialistischen Föderation im Nahen Osten! Wir rufen auf zum Aufbau einer internationalen Solidaritätsbewegung gegen das konterrevolutionäre Kriegstreiben im östlichen Mittelmeer.

 

* Nieder mit der imperialistischen Aggression von EU-Griechenland-Israel-UAE-Ägypten gegen die Türkei!

 

* Nein zu EU-Sanktionen gegen die Türkei!

 

* Im Fall eines militärischen Konfliktes: Für die Niederlage der imperialistisch-zionistischen Aggressoren – Für den Sieg der Türkei!

 

* Unterstützt die andauernde Syrische Revolution gegen russisch-iranisch-Assadistische Besatzer!

 

* Solidarität mit Libyen gegen General Haftars Konterrevolution!

 

* Verteidigt Jemen gegen die Invasion von Saudi-Arabien und den Emiraten!

 

* Nieder mit der “Normalisierung” mit Israel!

 

* Zerschlagt den zionistischen Staat – Für den Sieg des palästinensischen Befreiungskampfes!

 

 

 

Internationales Büro der RCIT

 

 

 

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Wir verweisen die Leserinnen und Leser auf das ausführliche Dokument der der RCIT zum Konflikt im östlichen Mittelmeer:

 

RCIT: Turkey and the Growing Tensions in Eastern Mediterranean. Theses on the complex contradictions between imperialist and regional powers, the Arab Revolution and the consequential tactics of Marxists, 28 August 2020, https://www.thecommunists.net/worldwide/africa-and-middle-east/turkey-and-the-growing-tensions-in-eastern-mediterranean/

 

Siehe ebenso folgende Dokumente:

 

RCIT: Egypt’s Dictator Sisi Threatens to Invade Libya. Defeat the counterrevolutionary bandit Haftar and the powers behind him! 24 June 2020, https://www.thecommunists.net/worldwide/africa-and-middle-east/egypt-s-dictator-sisi-threatens-to-invade-libya/

 

Michael Pröbsting: World Perspectives 2018: A World Pregnant with Wars and Popular Uprisings. Theses on the World Situation, the Perspectives for Class Struggle and the Tasks of Revolutionaries, RCIT Books, February 2018, https://www.thecommunists.net/theory/world-perspectives-2018/

 

Dokumente der RCIT zur zweiten Welle der Arabischen Revolution: https://www.thecommunists.net/worldwide/africa-and-middle-east/collection-of-articles-on-2nd-wave-of-great-arab-revolution/.

 

Dokumente der RCIT zur Syrischen Revolution: https://www.thecommunists.net/worldwide/africa-and-middle-east/collection-of-articles-on-the-syrian-revolution/